Biopsie (Gewebeuntersuchnung)

Der menschliche Organismus besteht aus Zellen. Ein Verband gleichartiger Zellen wird als Gewebe bezeichnet. Die Organe des menschlichen Organismus bestehen aus verschiedenen Geweben. Auch die Prostata ist ein Organ, das aus verschiedenen Geweben besteht. Die Gewebe kann man auf verschiedene Weise untersuchen. Eine wichtige und relativ einfache Untersuchungsmethode ist die mikroskopische oder histologische Gewebeuntersuchung, auch Biopsie genannt.
Um diese Untersuchung durchführen zu können, muss von der Prostata Gewebe entnommen werden. Diese Gewebeprobe entnimmt der Urologe meistens mit einer Nadel. Es werden Proben von winziger Größe entnommen. Die Untersuchung der Gewebeproben vollzieht in der Regel ein Pathologe. Mit einer Ultraschalluntersuchung im Zusammenhang mit der Biopsie kann man den Krebs nicht erkennen. Deshalb muss der Urologe Gewebeproben an verschiedenen Stellen entnehmen. Trotzdem kann es vorkommen, dass in den Gewebeproben keine Krebszellen gefunden werden. Die Biopsie muss dann in einem zeitlichen Abstand wiederholt werden. Für die Untersuchung des Gewebes aus der Prostata müssen die entnommenen Proben bearbeitet werden um dann in feinste Scheiben (5/1000 Millimeter) geschnitten und gefärbt zu werden. Durch diesen Prozess werden die benötigten Gewebestrukturen sichtbar.
Allgemein werden mehr als 3 Gewebeproben meist bei örtlicher Betäubung entnommen. Es können aber auch bis zu vierundzwanzig Gewebeproben sein.
Nur über diesen Weg erhält der Urologe bzw. der Operateur ein sehr klares Bild über die genaue Lage der Krebszellen. Die Gewebeuntersuchung dient der Erkennung gut- und bösartiger Erkrankungen der Prostata, insbesondere des Prostatakrebses. Es ist noch immer die sicherste und billigste Methode der Erkennung (Diagnostik). In diesem Zusammenhang legt der Pathologe auch fest, wie bösartig der Prostatakrebs ist. Der Pathologe bestimmt damit die Aggressivität des Krebsgewebes. In diesem Ablauf ist es extrem wichtig, dass der Pathologe die entnommenen Gewebeproben auch richtig „lesen“ kann. Der Pathologe muss somit hervorragende Erfahrungen aus der Deutung der Krebszellen beim Prostatakrebs besitzen. Leider gibt es oft eine ungenaue Aussage. Deshalb eine Zweitmeinung einholen!

Beim Krebsgewebe sind die Strukturen des Prostatagewebes nicht mehr erkennbar, es ist unförmig. Die Mediziner nennen deshalb Gewebe, bei dem alle Strukturen erkennbar sind, „gut differenziert“. Da es beim Krebsgewebe genau umgekehrt ist (man kann die Einzelheiten nicht mehr erkennen) sprechen die Mediziner von „schlecht differenzierten Gewebe“.
Bei der Biopsie ist es Glücksache ob der Arzt, der die Biopsie vornimmt, wirklich ins „Schwarze“ getroffen hat. Der auf die Gewebeuntersuchungen basierende Befund ist darum in aller Regel der günstigste Fall. Günstiger können die Ausbreitung und die Aggressivität nicht sein, wohl aber ungünstiger. Solche Feststellungen kommen leider wie beschrieben nicht selten vor. Der Krebs hat sich bereits mehr ausgebreitet als gedacht und die Aggressivität der Krebszellen ist höher. Eine möglichst präzise Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen ist nach allen Erfahrungen aber eine unabdingbare Voraussetzung für das Abschätzen der Erfolgsaussichten der möglichen Therapien. Es kann in der Tat nicht oft genug betont werden, dass das Ergebnis aus der Gewebeprobe als eine sehr kritische Angabe und nicht als eine veränderliche Größe bei jeder prognostischen und therapeutischen Überlegung/Entscheidung eingesetzt wird.

Eine akkurate Wertbestimmung erfordert ein Gutachten eines Pathologen der speziell Erfahrungen mit dem Prostatakrebs gesammelt hat.

Lassen Sie sich nicht einschüchtern, wenn Ihr Arzt der Meinung ist, eine Zweitmeinung sei vollkommen überflüssig. Eine möglichst präzise klinische Einstufung Ihres eigenen Falles muss und kann nur Grundlage jeder Therapie-Entscheidung sein. Ausschließlich mit einem sehr exakt bestimmten Wert lässt sich abschätzen wie hoch die Wahrscheinlichkeit für eine auf die Prostata begrenzte Erkrankung tatsächlich ist. Nur bei einer auf die Prostatadrüse beschränkte Erkrankung bringt eine lokale Therapie Aussicht auf Erfolg.
Im Zusammenhang mit der Biopsie (Gewebeentnahme) wird immer wieder vermutet, dass die Biopsie eine Aussaat des Krebses begünstigt und damit das Schicksal des Betroffenen negativ beeinflusst. Dazu ist zu sagen: Die Diagnose Krebs ist erst dann sicher, wenn die Gewebeuntersuchung einen Krebs nachweist. Keine andere Methode hat eine vergleichbare Zuverlässigkeit.
Es ist seit langer Zeit bekannt, dass Krebszellen oder Bruchstücke davon durch eine Biopsie in die Blut- oder Lymphbahn gelangen können. Sie sind sogar mit höchstsensiblen Messmethoden nachzuweisen. Da in vielen Jahren bei den Betroffenen bisher keine Absiedelung nachgewiesen wurde (auch nicht mit den modernen Biopsie-Geräten) ist die Nutzen-Risiko-Bewertung eindeutig zu Gunsten der Gewebeproben zu beantworten. Wenn Sie sehr ängstlich vor diesen Streuzellen sind, lassen Sie sich vor der Biopsie von Ihrem Arzt eine Woche lang Antiandrogen verordnen. Durch diese Maßnahme bekommen die vermuteten Streuzellen keine Wachstumsmöglichkeit und der Körper kann sie selbst beseitigen. In jedem Menschen entfernt der Körper ca. 1000 Karzinomzellen täglich! Im Bedarfsfall sprechen Sie mit dem Urologen hierüber.

Bitten Sie den Pathologen, der die Gewebeproben für Sie beurteilt hat, diese an eines der führenden Institute zu schicken um die oben angesprochene Zweitmeinung zu erhalten. Allerdings wird diese zusätzliche Untersuchung nicht immer von der Gesetzlichen Krankenkasse bezahlt.

Adresse
Prof. Dr. Helmut Bonkhoff
Institut für Pathologie,
Postfach 490272
12209 Berlin
Telefon: 030/84317882.
Telefax: 030/84316648.
E-Mail:PBonkhoff@t-online.de
Web: http://www.prostapath.org