Ist nach gesicherter Gewebeprobe, einschließlich Begutachtung durch einen 2. Pathologen, die Diagnose Prostatakrebs festgeschrieben und haben die gesamten Untersuchungen ein feststehendes Stadium mit einem tatsächlich abgekapselten Wachstum des Krebses ohne Metastasen ergeben, bietet die Totaloperation die Möglichkeit der langfristigen Heilung! Die höchsten Heilungschancen ergeben sich bei frühen und niedrigen Tumorstadien mit geringem Tumorbefall. Dieser steht im Zusammenhang mit dem PSA vor der Operation, so dass die Prognose auf Heilung in der Regel um so günstiger ist, je niedriger der PSA und der Gleason-Gesamtwert ist.
„In der Regel“ bedeutet: PSA nicht über 10 ng/ml und Gleason-Gesamtwert nicht mehr als die Summe „7“.

Sind die Werte höher, ist die langfristige Heilung fraglich und die Wahrscheinlichkeit ist nicht klein, dass der Krebs die Prostatakabsel bereits verlassen hat. Aber auch ein niedriger PSA (z.B. 4,51 mg/ml) kann einen hohen Gleason-Gesamtwert begleiten. Dann sieht es überhaupt nicht gut für die langfristige Heilung durch eine Totaloperation aus!
Manche Betroffene haben einen sehr geringen PSA und dafür einen hohen Gleason-Gesamtwert.

Die Totaloperation (Radikale Prostatatektomie) ist eine lokale Therapie, bei der die Prostata möglichst vollständig mit dem umliegenden Fettgewebe, den Lymphknoten und der Samenblase entfernt wird. Der Eingriff erfolgt noch überwiegend durch einen Bauchschnitt. Alternativen sind der Dammschnitt oder die laparoskopische Prostataentfernung (Schlüssellochmethode). Operationsdauer zwei bis fünf Stunden.

Ob die laparoskopische Prostataentfernung der „Bauchschnittmethode“ tatsächlich im Erfolg und in der Belastung des Betroffenen überlegen ist, wird von einigen Fachleuten kräftig bezweifelt. Es sollen sich in der Langzeitbetrachtung Tendenzen zu einer erhöhten Rezidiventwicklung abzeichnen. Nach der Operation steigt der PSA wieder an.

Der Operateur (er soll reichliche Erfahrung mit der Operationsmethode besitzen) macht bei der herkömmlichen OP einen Schnitt vom Schambein bis zum Nabel, um zuerst die der Prostata am nächsten liegenden Lymphknoten (Beckenlymphknoten) zu entfernen. Ob nervenschonend (zur Erhaltung der Erektionsfähigkeit ) operiert werden kann, hängt von der Ausbreitung und der Lage des Krebses in und um die Prostata ab. Die nervenerhaltende Operation funktioniert lt. den Erfahrungsberichten, die wir in der Selbsthilfegruppe hören, viel seltener, als die Operateure gerne glauben machen wollen. Da macht es keinen großen Unterschied, ob nun beide Lappen oder nur einer befallen ist, die Prostata wird ohnehin komplett entfernt!

In diesem Zusammenhang können Sie als Betroffener davon ausgehen, dass jeder Operateur — wenn es die Lage des Krebses und seine Ausbreitung es erlaubt — versucht nervenschonend zu operieren. Sie müssen akzeptieren, dass bei zahlreichen Operationen dieses Vorhaben nicht erfüllt werden kann, weil der Krebs zu dicht an den Rändern der Prostata sitzt und deshalb auch Gewebe außerhalb der Prostata entfernt wird. Der Operateur versucht die Schnittränder so zu setzen, dass nach Möglichkeit keine Krebszellen zurück bleiben (die Möglichkeit eines Tumorrückfalls soweit es geht zu vermeiden). In dieser Blickrichtung scheint sich aber etwas zu ändern. Die „nervenschonenden“ Operateure trauen sich immer mehr zu und behaupten sogar, dass sie auf Grund sorgfältiger Auswahl, besserer OP-Technik und sorgfältiger Schnittrandkontrolle durch den Pathologen während der OP, auch die besseren Ergebnisse im Hinblick auf die Radikalität (vollständige Krebsentfernung) hätten. Der alte Grundsatz, das eine nervenschonende OP immer zu Lasten der Radikalität ginge, würde nicht mehr stimmen. Man kann nur sagen:

„Viel Glück bei der Suche nach einem sehr guten Operateur.“ Es ist nicht nur Schicksal, wenn man an Prostatakrebs erkrankt, sondern auch an welchen Arzt man gerät.

Nebenwirkungen der Operation
Sehr häufig tritt eine Impotenz auf. Die Gliedsteife kann nicht mehr auf dem normalen Weg erreicht werden.
Dazu noch folgende Ergänzungen, weil dieser Umstand sehr wichtig ist. Die für die Gliedversteifung verantwortlichen Nervenstränge verlaufen auf der rechten und linken Seite in unmittelbarem Kontakt mit der Prostata. Bei einer Durchtrennung der Nervenstränge im Rahmen der Totaloperation geht die spontane Gliedversteifung unwiederbringlich verloren. Bei Sichtbarmachung und Schonung dieser Nerven während der Operation kann die Erektion allerdings erhalten bleiben. Das ist die Ausnahme! Während in früheren Jahren die Nerven fast immer durchtrennt wurden, kann bei den heutzutage diagnostizierten Frühstadien des Prostatakrebses der Versuch der Nervenschonung unternommen werden. Da die Nerven direkt an der Oberfläche der Prostatakapsel liegen, darf dieser Versuch nur dann erfolgen, wenn der Tumor so klein ist, dass keine Gefahr des Zurücklassens von Tumorzellen im Bereich der Nervenstränge besteht. Die vollständige Krebsentfernung ist das Ziel der Operation.
Dieses ist eine ganz wichtige Aussage !!!
Trotz Erhalt der Nervenstränge besteht nie eine Garantie auf Erhalt der Gliedversteifung. Auch in geübten Händen und jahrelanger Operationserfahrung liegt die Chance auf eine für den Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion nach einer Totaloperation mit Nervenerhalt bei ca. 50%.

Auch der Orgasmus wird mehr oder weniger stark beeinträchtigt. In der Regel ist er nur noch ein Schatten des alten Gefühls, egal was der Urologe vorher erzählt.
Ein Nebeneffekt einer Operation, der aber oft nicht mit dem Patienten vorab besprochen wird, ist das Schrumpfen des Penis. Dies kann durch eine Form von Atrophie durch die Bildung von Narbengewebe, oder durch die Verkürzung der Harnröhre ausgelöst worden sein, da bei der Operation ein Teil der Harnröhre entfernt wird. Die Verkürzung kann bis zu 4 cm betragen. Aus welchem Grund auch immer, dieser Zustand bleibt nach etwa sechs bis acht Monaten nach Durchführung der Operation der permanente Zustand. Regelmäßige (täglich oder jeden zweiten Tag durchgeführte) Übung und Stimulierung des Penis zur Erektion, sobald der Arzt es erlaubt und die Einnahme von oral verabreichten Medikamenten wie z.B. Viagra, Levitra oder Ciialis oder Prostaglandin E1-Injektionen können helfen das Narbengewebe elastisch zu halten. Training und nochmals Training ist angesagt.
In bis zu 15% der Fälle tritt eine dauerhafte Inkontinenz auf. In fast allen Fällen muss eine zeitlich beschränkte (eine temporäre) Inkontinenz behandelt werden. Diese temporäre Inkontinenz kann bis zu einem Jahr dauern. Es bleibt üblicherweise eine Stressinkontinenz zurück (Tröpfeln). Neben der oft eingesetzten Beckenbodengymnastik zur Bekämpfung einer Inkontinenz können auch Medikamente eingesetzt werden. Ein verwendetes Medikament ist VENTREVE. Betroffene berichten positiv über die Wirkungen. Allerdings gibt es auch Nebenwirkungen (z.B. Übelkeit). 100 Tabletten kosten ca. 105,00 EURO. Ob die gesetzliche Krankenversicherung bezahlt, bitte vor Therapiebeginn klären. Gelegentlich treten psychische Probleme durch die eingetretene Impotenz oder durch die merkbare Verkürzung des Gliedes (entstanden durch die Verkürzung des Harnleiters) auf.

Wann ist eine Operation zu empfehlen?
Der PSA-Wert soll nicht über „10“ liegen. Der Wert aus der Gleason-Summe soll unter dem Gesamtwert „7“ liegen. Ist aber von Fall zu Fall zu entscheiden.

Welches Ergebnis kann die Operation bringen?
Die heilenden (kurativen) Chancen einer Operation sind bei den beschriebenen Rahmenbedingungen nach den Erfahrungen als gut (bedeutet aber nicht zu 100%) zu bezeichnen. Bei schlechteren Werten ist nur mit einer ubestimmten Zeitphase ohne PSA- Wiederanstieg zu rechnen.

Nach der Operation sollte der PSA-Wert auf den Wert „unter Nachweisgrenze“ (Wert = 0,0x) abfallen (der PSA sollte nicht mehr messbar sein), sonst ist zu befürchten, dass sich Tumorreste oder Metastasen im Körper befinden, die nicht mehr operativ entfernt werden können. Aber auch nach einem PSA-Abfall auf „unter Nachweisgrenze“ kann nach einer kurzen oder längeren Zeitphase (auch nach 5 Jahren und mehr) ein erneuter PSA-Anstieg ein Zeichen für einen Tumorrückfall oder für Metastasen (auch wenn das Knochenzintigramm vor der Operation keine Metastasen auswies). Die Behandlung wird dann mit einer antihormonellen Therapie und/oder Bestrahlungen fortgesetzt. Die Bestimmung des PSA ist eine Frage mit anhaltenden Unsicherheiten. Zahlreiche Urologen, Fachaufsätze und Experten nennen eine untere Nachweisgrenze von 0,1 ng/ml. Andere arbeiten mit einer unteren Nachweisgrenze von 0,0x ng/ml weil sensivere Messgeräte eingesetzt werden. Danach ist ein PSA von 0,1 ng/ml bereits ein erhöhter Wert (eigentlich bereits ab 0,01 ng/ml). Untere Nachweisgrenze dann bei 0,00 ng/ml! Diese sensiven Messungen sollen eine Fehlerqoute von ca. 40% haben. Deshalb wenden renomierte Pathologen nur die untere Nachweisgrenze von 0,1 ng/ml an. Für die Betroffenen bleib aber immer Zweifel. Welcher „Glaubensrichtung“ schenke ich mein Vertrauen???

Metastasen produzieren immer PSA, weil sie sich als Prostatazellen verstehen. Sehr aggressive Tumorzellen produzieren sehr wenig PSA. In der Nachsorge ist es daher sehr wichtig, weniger auf die absolute Höhe, als auf den PSA-Verlauf zu achten! Deshalb wird der PSA-Wert nach einer Prostata-OP, in der das gesamte Prostatagewebe entfernt wurde, so sehr aussagefähig. Das PSA wird dann zu einem echten Tumormarker, was man vor der OP von dem PSA nicht sagen kann.
Steigt der PSA-Wert über 0,05 an, spricht man von einem biochemischen Rezidiv, weil man noch keine Metastasen orten kann. Es können ab der OP 8 Jahre und mehr vergehen, bis sich Metastasen manifestieren und weitere 5 Jahre, bis durch die Metastasen Beeinträchtigungen entstehen.
Diese Aussage trifft aber nur bei den Niedrig-Risikogruppen zu. Die Gleason-Summe liegt dann unter „7“!

Es gibt eine Regel:
Langsamer und /oder verzögerter (2 Jahre nach OP) Anstieg des PSA deutet auf ein Lokal-Rezidiv hin.
Ein schneller Anstieg deutet auf Fernmetastasen hin.
Wann soll nach einer OP mit dem Messen des PSA wieder begonnen werden?
Die Halbwertzeit beträgt 2,2 bis 3,2 Tage und ist die Zeit, in der PSA sich um die Hälfte reduziert hat. Nach einer Totaloperation sollte der PSA-Wert innerhalb von 3 bis 6 Wochen auf nicht nachweisbare Werte abfallen. Doch: Während dieser Phase kann es zu einem Anstieg des PSA kommen. In erster Linie ist das ein Anstieg des freien PSA, das mit einer sehr kurzen Halbwertzeit auch den Körper sehr schnell verlässt. Deshalb sollte eine PSA-Messung erst 1 bis 2 Monate nach der OP vorgenommen werden.
Steigt der PSA wieder an, ist es ratsam sich nicht auf einen Messwert zu verlassen (siehe Hinweise oben). Besser ist es 2 oder 3 Messwerte nacheinander im Abstand von 1 Monat auszuwerten.

Jeder nach einer Totaloperation nachweisbare PSA-Wert weist primär auf Resttumorgewebe oder eine bereits erfolgte Mikrometastasierung hin.