Stefan Zorn Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Medizinische Hochschule Hannover
Organ bleibt erhalten: MHH bietet neue Methode als Alternative zur Totaloperation
Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern. Muss der Tumor
entfernt werden, ist die Totaloperation immer noch ein übliches
Therapieverfahren. Doch die komplette Entfernung der Prostata kann
schwerwiegende Folgen wie Inkontinenz und Erektionsstörungen haben. Die
Medizinische Hochschule Hannover (MHH) bietet jetzt eine neue
Therapiemethode zur Behandlung des lokal begrenzten Prostatakrebs an.
Mithilfe von Hitze, erzeugt durch Ultraschall, wird dabei ganz gezielt
nur der Tumor zerstört, das umliegende Gewebe wird geschont, und die
Prostata kann erhalten werden. Das Verfahren heißt TULSA-Pro und wird in
Norddeutschland bisher nur von der Klinik für Urologie und Urologische
Onkologie der MHH unter der Leitung von Professor Dr. Markus Antonius
Kuczyk angeboten.
Innovative Diagnostik und ausführliche Beratung
„Bei anderen Krebsarten wie beispielsweise Darm-, Brust- oder Leberkrebs
gibt es die Möglichkeit einer lokal begrenzten Behandlung schon lange.
Jetzt können wir sie auch unseren Patienten mit Prostatakrebs anbieten“,
erklärt Privatdozentin (PD) Dr. Inga Peters, Oberärztin in der Klinik
für Urologie und Urologische Onkologie. TULSA-Pro steht für
Transurethale ULtraSchallAblation der Prostata. Transurethal bedeutet
„durch die Harnröhre“, Ablation „Zerstörung von Gewebe“. Bei TULSA-Pro
arbeitet die Urologische Klinik eng mit dem Institut für Diagnostische
und Interventionelle Radiologie unter der Leitung von Professor Dr.
Frank Wacker zusammen, denn bei der TULSA-Behandlung spielt die
Magnetresonanztomografie (MRT) eine große Rolle.
Vor der Therapie finden ausführliche Beratungsgespräche in der
Spezialsprechstunde „Diagnostik und Fokale Therapie beim
Prostatakarzinom“ statt. Genauso wichtig sind die genaue Identifikation
und präzise Lokalisation der Krebsherde durch eine vorherige
MRT-Bildgebung. „Erst danach können wir sagen, ob die TULSA-Therapie für
den jeweiligen Patienten geeignet oder eine andere Behandlung
sinnvoller ist“, sagt PD Dr. Peters, Leiterin der Spezialsprechstunde.
Methode eignet sich bei lokal begrenzten Tumoren
„Grundsätzlich gilt, dass es sich um ein lokal begrenztes Karzinom mit
niedrigem bis mittlerem Aggressionsgrad handeln sollte“, sagt PD Dr.
Peters. Für die Behandlung wird ein stabförmiger Ultraschallapplikator
in die Harnröhre gelegt. Da die Harnröhre mitten durch die Prostata
verläuft, kann der Tumor so von innen behandelt werden. Über den
Applikator wird Hitze in Form von gesteuerten Ultraschallwellen
abgegeben, die den Krebsherd gezielt abtöten. „Der Eingriff erfolgt im
MRT unter Echtzeit-Thermometrie. Dadurch ist eine exakte
Temperaturkontrolle im Gewebe möglich, die Krebszellen können
zielgerichtet vernichtet und das gesunde Gewebe sowie die benachbarten
Strukturen wie Nerven und Gefäße geschont werden“, erläutert Dr. Bennet
Hensen, der sich im Institut für Diagnostische und Interventionelle
Radiologie zusammen mit Professor Wacker intensiv um MRT-gestützte
Eingriffe kümmert. Zum zusätzlichen Schutz wird während der aktiven
Hitzebehandlung sowohl die Harnröhrenwand als auch die Enddarmwand
gekühlt. Für die Therapie setzt das OP-Team die Patienten in eine etwa
eineinhalbstündige Vollnarkose. Zwei Tage nach der Operation können die
Patienten bereits wieder entlassen werden. Die weitere Genesung wird in
engmaschiger Nachsorge kontrolliert.
Deutlich weniger Erektionsstörungen und Inkontinenz
Erste vielversprechende Daten zur Therapie mit TULSA-Pro zeigen, dass
die Rate an Erektionsstörungen deutlich geringer ist als bei einer
Totaloperation. Nach einer radikalen Entfernung der Prostata haben 70
bis 80 Prozent der Patienten mit Erektionsstörungen zu kämpfen, nach
einer Behandlung mit der neuen Methode nur etwa 20 Prozent. Bei der
Inkontinenz sind die Ergebnisse sogar noch besser: Lediglich 2,6 Prozent
der Männer, die mit TULSA-Pro therapiert wurden, leiden darunter. Als
Folge einer Radikal-OP tritt die Blasenschwäche bei bis zu 30 Prozent
der Betroffenen auf. Auch zu Harnwegsverengungen komme es nach Tulsa-Pro
wesentlich seltener, sagt PD Dr. Peters. „In den Fällen, in denen eine
Tulsa-Pro-Therapie angezeigt ist, hat die neue Methode genau die
Vorteile, die sich die Patienten wünschen“, stellt PD Dr. Peters fest.
Bei dem Verfahren handelt es sich um einen sogenannten individuellen
Therapieversuch, die Krankenkassen übernehmen dafür im Regelfall die
Kosten. Patienten, die sich für TULSA-Pro interessieren, können einen
Termin in der Spezialsprechstunde „Prostatakarzinomdiagnostik und Fokale
Therapie“ von PD Dr. Peters vereinbaren. Anmeldung unter Telefon (0511)
532-3647 (gesetzlich Versicherte) und (0511) 532-5847 (privat
Versicherte).