Stellenwert fokaler Therapieverfahren bei Prostatakrebs

Urologische Universitätsklinik Magdeburg

Prof. Dr. med. Martin Schostak

 

Stellenwert fokaler Therapieverfahren bei Prostatakrebs

Prof. Dr. med. Martin Schostak

Ist das Konzept einer fokalen Therapie die logische Antwort auf einen geänderten Bedarf und technische Entwicklungen oder ist es nur ein gefährlicher Hype? Weltweit hat sich seit einigen Jahren eine Abkehr vom PSA-Screening sowie von Radikaltherapien bei Low-Risk-Tumoren eingestellt1. In Deutschland erreicht die angebotene Alternative einer aktiven Überwachung jedoch keine große Resonanz2.
Der Arbeitskreis für Fokale und Mikrotherapie (AKFM) der Deutschen Gesellschaft für Urologie wurde 2012 gegründet (Abbildung 1).

Es geht um folgende Fragen:
1) Welcher Patient?
2) Welche Diagnostik?
3) Ist die fokale Therapie hinsichtlich der Tumorkontrolle vergleichbar mit einer Ganzdrüsenbehandlung?
4) Wie wird ein Behandlungs-(Miss)erfolg gemessen?
5) Ist die fokale Therapie funktionell weniger belastend?

Die klassische Tumordetektion des Prostatakrebses durch transrektal-ultraschallkontrollierte Stanzbiopsie und Bestimmung des Gleason Scores hat sehr deutliche Schwächen. Die negative Prädiktion liegt nur bei 40–50%. Die Einführung der multiparametrischen Kernspintomographie der Prostata (mpMRT) und der PIRADS-Klassifikation hat endlich zu einer Trendwende geführt. Die positive Prädiktion liegt bei 80 % und die negative bei 92 – 96 %3. Durch den Einsatz der mpMRT wird nun offenbar, dass es in der Tat Fälle mit stark lokalisiertem Tumor gibt. Das Konzept, mit ablativen Energien nur solche Teilbereiche zu behandeln, ohne dass die restliche Drüse dabei geschädigt wird, verspricht deutlich weniger Nebenwirkungen.
Bestimmte Grundbedingungen müssen unbedingt eingehalten werden:
1) Eine engmaschige Nachkontrolle inklusive Biopsien nach spätestens
12 Monaten aus dem behandelten Areal und der nicht behandelten Drüse.
2) Ähnlich wie bei einer Active Surveillance müssen Salvage-Therapien weiterhin gut möglich sein.
Dieses Konzept wird derzeit in mehreren Studien in London (England) und Lyon (Frankreich) sowie durch den AKFM aus Deutschland, überprüft. Eine Fusionsbiopsie, d. h. eine zeitgleiche Nutzung der multiparametrischen Kernspintomographie und der transrektalen Ultraschallsonographie, ist dabei besonders hilfreich.
Es gibt zahlreiche Techniken, die eingesetzt werden können: Hochintensiver fokussierter Ultraschall, Kryotherapie, die Applikation von Seeds und laserablative Verfahren. Das derzeit am weitesten verbreitete System mit der ausgefeiltesten Technik ist Focal One® (Abbildung 2), eine Weiterentwicklung der HIFU-Technologie (EDAP-TMS). Es nutzt eine MRT-TRUS-Fusion zur Therapieplanung (Abbildung 3).
Natürlich gibt es potentielle Gründe für ein Versagen des Konzepts. Diese liegen in Bereich der Diagnostik (z. B. Tumor im MRT übersehen), der Therapie (z. B. angewandte Ablationstechnik nicht effektiv) oder in der Nachkontrolle (z. B. persistierender Tumor in der Re-Biopsie nicht getroffen).
Die ersten Studien zeigen, dass sich fokale Therapiekonzepte durch eine besonders niedrige Morbidität und Nebenwirkungsrate auszeichnen. Die onkologische Effektivität wird je nach eingesetzter Technologie zwischen sehr gut und akzeptabel beschrieben. In Deutschland laufen im Moment mehrere Studien. Die wichtigste ist die AUO-Studie HEMI, die sich in Auswertung befindet. Hier ging es um eine Halbseitentherapie. Die Studie PROFOCUS addressiert eine hochfokale Therapie.

Aus Sicht des Arbeitskreises für fokale und Mikrotherapie sollten in Zukunft Niedrigrisikokarzinome unter Nutzung der o. g. Bildgebung überwacht werden, Hochrisikokarzinome benötigen nach wie vor eine Standardtherapie (radikale Prostatektomie oder perkutane Radiotherapie). In dem dazwischen liegenden Feld der intermediären Karzinome, insbesondere derjenigen mit kleinem Tumorvolumen, bietet sich das Konzept einer fokalen Therapie besonders an4. Ein weiterer Sektor ist die Behandlung im Rezidiv. Patienten mit einem Lebensalter über 70 Jahre und einer Niedrigrisiko- oder frühen intermediären Risikosituation sind hochwahrscheinlich innerhalb ihrer Lebenserwartung nicht durch das biochemische Rezidiv vital bedroht. Deshalb sollte eine weitere Übertherapie solcher Patienten unbedingt vermieden werden. Sofern eine adäquate bildgebende und bioptische Sicherung gelingt, die ein hochlokalisiertes Rezidiv sichert, ist deshalb eine fokale Therapie, durchgeführt wie auch bei der primären Behandlung, eine gute Alternative.

Zusammenfassend ist die fokale Therapie aus Sicht des Arbeitskreises für Fokale Therapie der Deutschen Gesellschaft für Urologie die natürliche Antwort auf das Dilemma der Betroffenen im Spannungsfeld zwischen Radikaltherapien auf der einen und alleinig beobachtender Strategie auf der anderen Seite und der zunehmenden technologischen Unterstützung in Bildgebung und Therapieverfahren. Ob sich dieses Konzept mit der Sicherheit von Ganzdrüsentherapien nachhaltig messen kann, wird derzeit in zahlreichen Studien überprüft.

Logo_AK_Fokale Therapie_30.04.2013

focal-one-fusion-image

Focal-one-Schostak