COVID-19-Impfstoffe: Was die EMA zu den Schattenseiten weiß

  • Michael van den Heuvel  EMA
  • von Dr. med. Thomas Kron Konferenzberichte by Medscape 22.06.2021

In Europa schreiten die Impfkampagnen weiter voran. Doch nach wie vor sind Vakzine Mangelware; Impfwillige müssen auf Termine warten. Außerdem mehren sich Hinweise auf unerwünschte Effekte in zeitlichem Zusammenhang mit den Impfungen. Wie geht es weiter? Noël Wathion, Deputy Executive Director der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, gab bei einem Presse-Briefing einen Überblick zu den wichtigsten Fakten.

Bewertung von Impfstoffen

„Im Moment sieht es danach aus, dass alle bereits zugelassenen Impfstoffe gegen alle in der EU vorherrschenden Varianten wirksam sind“, erklärte der Experte. Doch dies müsse weiter überwacht werden. Impfstoffe, die derzeit von der EMA begutachtet werden, sind CureVac, Novavax, Sinovac und Sputnik V. „Das Rolling-Review-Verfahren wird fortgesetzt bis ausreichende Daten für einen Zulassungsantrag vorliegen“, berichtete Wathion.

Derzeit schlägt eine Pressemeldung von CureVac hohe Wellen; Wie berichtet beträgt laut Zwischenauswertung die Impfeffektivität der mRNA-Vakzine nur 47% gegen eine COVID-19-Erkrankung jeglichen Schweregrades. „Auch dieser Impfstoff ist bei der EMA im Rolling-Review-Verfahren“, so Wathion. „Daten, die CureVac selbst veröffentlicht hat, bewerten wir ebenfalls, sobald diese übermittelt worden sind.“ Dann sei auch mit weiteren Informationen zu rechnen – inklusive der zeitlichen Abfolge der nächsten Schritte. Zu den Zahlen selbst nahm der Experte nicht Stellung.

Qualität des COVID-19-Impfstoffs von Janssen

„Uns ist auch bekannt, dass eine Charge des Wirkstoffs für den COVID-19-Impfstoff Janssen mit Materialien für einen anderen am selben Standort hergestellten Impfstoff kontaminiert war“, so Wathion. Zur Verunreinigung kam es in einer Produktionsstätte in Maryland, USA, die Emergent Biosolutions gehört. Die betroffene Charge sei nicht für den EU-Markt bestimmt gewesen.

Vorsorglich und zur Sicherung der Qualität der Impfstoffe hätten Aufsichtsbehörden jedoch empfohlen, keine Impfstoff-Chargen freizugeben, die den Wirkstoff enthalten, die etwa zum Zeitpunkt der Kontamination hergestellt wurden. „17 Millionen Dosen waren davon betroffen“, sagte der EMA Deputy Executive Director. Jetzt kämen weitere Chargen der aktiven Substanz aus einer Fabrik im niederländischen Leiden.

Produktionskapazitäten für die EU erhöhen

Mittelfristig rechnet Wathion nicht mit großen Engpässen. Er berichtete über eine neue Produktionsstätte zur Herstellung des COVID-19-Impfstoffs von Moderna in Monts in Frankreich. „Wir erwarten, dass dadurch die Versorgung mit Impfstoffen in der EU weiter angekurbelt wird“, so seine Einschätzung.

Bereits am 4. Juni 2021 wurden 2 neue Standorte zur Produktion von Wirkstoffen und Fertigprodukten in den USA (Moderna in Norwood, Massachusetts, und Lonza Biologics in Portsmouth, New Hampshire) offiziell zugelassen. Insgesamt hofft die EMA pro Monat auf weitere 1 bis 2 Millionen Vials mit gebrauchsfertigem Impfstoff für den EU-Markt.

Neue Sicherheitssignale bei Impfstoffen

Impfungen haben – wenn auch selten – manchmal auch Schattenseiten. „Wie Sie wissen, ist kein Arzneimittel 100-prozentig sicher“, gab Wathion zu bedenken. „Aber man kann mit Sicherheitsrisiken umgehen, wenn wir Signale früh erkennen.“ Er verwies auf Ergebnisse des EMA-Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC).

So wurde das Kapillarleck-Syndrom beim COVID-19-Impfstoff Vaxzevria® als neue Nebenwirkung in die Produktinformationen aufgenommen. Und Personen, bei denen das Krankheitsbild in der Vorgeschichte bereits aufgetreten ist, sollten mit einem anderen Vakzin geimpft werden. Das PRAC werde, so Wathion, sich mit der Thematik weiter befassen.

Bei Patienten mit einer Myokarditis oder Perikarditis in zeitlichem Zusammenhang mit einer Immunisierung mit Comirnaty® von BioNTech/Pfizer gebe es noch zu wenige Daten, um Aussagen über eine mögliche Kausalität zu treffen. „Die meisten Fälle sind aber mild, und Patienten erholen sich innerhalb weniger Tage“, fasste der EMA-Experte zusammen. Nur wenige Erkrankte seien stationär behandelt worden, hätten sich aber wieder erholt.

„Auch bei Veklury® gab es Änderungen bei der Produktinformation“, erklärte Wathion. Man habe die Sinusbradykardie als Nebenwirkung unbekannter Häufigkeit mit aufgenommen. Veklury® (Remdesivir) wird bei Erwachsenen und Jugendlichen mit einer Lungenentzündung aufgrund von COVID-19 verordnet, falls Patienten eine zusätzliche, nicht invasive Sauerstoffversorgung benötigen.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Medscape.de.