Operative Therapie bei Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom rückläufig

In einem Plenarvortrag auf dem 33. Deutschen Krebskongress wurde über Stand und Entwicklung der operativen Therapie des Prostatakarzinoms berichtet. Die Indikation zur Operation hat sich gewandelt, so rückt die aktive Überwachung in der Low-Risk Gruppe zunehmend in den Fokus.

Die Operation als primäre Therapie für das lokalisierte Prostatakarzinom wird laut statistischem Bundesamt bei 40% der Prostatakarzinome in Deutschland angewendet. Diese Daten präsentierte Professor Dr. Peter Hammerer, Klinik für Urologie/Uroonkologie am Städtischen Klinikum Braunschweig, zur Einleitung seines Vortrages [1] „Stand und Entwicklung der operativen Therapie des Prostatakarzinoms“.

Aktive Überwachung beim Low-Risk Prostatakarzinom

Aktuelle Daten, die im JAMA Surgery veröffentlicht wurden [2] zeigen, dass die Anzahl von Biopsien und Operationen zurückgeht. Dies bezeichnete Hammerer als positive Entwicklung.

Diesen Trend spiegelt auch die aktualisierte Leitlinie des NCCN (National Comprehensive Cancer Network) wider, die kürzlich publiziert wurde [3]. In der Leitlinie wird die aktive Überwachung beim Low-Risk Prostatakarzinom vorgeschlagen. Laut Hammerer setzt sich dieses Vorgehen auch in Deutschland durch. Patienten mit einem kleinem Prostatakarzinom, Gleason-Grad 3+3, brauchen weder eine Bestrahlung noch eine Operation, sondern werden aktiv überwacht.

Operationen in der Low –Risk Gruppe rückläufig

Untermauert wird dies auch durch Analysen von Cooperberg und Carroll [4]. Beim Low-Risk Prostatakarzinom sind Operationen rückläufig, bei gleichzeitiger Zunahme der aktiven Überwachung.

Mittlerer und oberer Risikobereich: Operation bleibt häufigste Therapieoption

Bei Patienten im mittleren Risikobereich ist die Operation die häufigste Therapieoption, mit weiter steigender Tendenz. Alle anderen Verfahren, incl. Strahlentherapie, nehmen in dieser Patientengruppe ab. In der High-Risk Gruppe ist die operative Therapie ebenfalls die häufigste Therapieoption.

Ältere Patienten nicht von operativer Therapie ausschließen

Bei der Indikationsstellung spielen Alter und Komorbidität in der Patientenselektion eine Rolle. Ältere Patienten, 70 Jahre und älter, nicht zu operieren, das bezeichnete Hammerer als „falschen Ansatz“.

Ein routinemäßiges kardiologisches Assessment werde bei Risikopatienten und Patienten ≥ 70 Jahre benötigt. Der Referent betonte, dass man diesen Patienten keine kurative Therapie vorenthalten sollte.  Eine schwedische Studie [5] zeigt, dass Patienten mit zunehmendem Alter seltener eine kurativen Therapie angeboten wird.

Postoperative Funktionalität ist altersabhängig

Das Alter der Patienten ist auch im Hinblick auf den Erhalt der Funktionalität von Bedeutung, den es korreliert mit dem funktionellen Ergebnis nach einer Operation. Je älter die Patienten sind, desto schlechter entwickeln sich  Kontinenz und erektile Funktion nach einer Operation [6].

In einer Analyse von Patientendaten wurde der Kontinenzerhalt bei verschiedenen operativen Zugängen (retropubisch, robotisch, laparoskopisch, perineal) untersucht [7]. Was die Kontinenz betrifft, so lagen hier keine signifikanten Unterschiede vor. Daneben zeigen diese Patientendaten, dass der Nervenerhalt für die Erhaltung der Kontinenz von Bedeutung ist und zertifizierte Zentren hier bessere Ergebnisse liefern.

Prostatektomie: Geringe Komplikationsrate

Die Komplikationsrate bei der radikalen Prostatektomie ist gering, Blutungen können dennoch auftreten. Rektale Verletzungen kommen sehr selten vor. Weitere Komplikationen, z.B. Lymphozelen, können durch eine Lymphadenektomie entstehen.

Hammerer plädiert für eine Standardisierung von Komplikationen nach der Clavien-Dindo Klassifikation für chirurgische Komplikationen.

Fazit und Ausblick

Abschließend zog Hammerer folgendes Fazit: Die radikale Prostatektomie ist die häufigste Therapieoption beim Prostatakarzinom und weist eine hohe Effektivität und gute funktionelle Ergebnisse bei geringer Morbidität auf.

Die Indikation hat sich zur Anwendung bei zunehmend fortgeschrittenen Stadien und bei älteren fitten Patienten hin verändert. Es besteht weiteres Potential zur Verbesserung, nämlich durch eine zunehmende Minimalisierung des Eingriffs, Qualitätssicherung und Zentrenbildung.

Autor: Dr. Melanie Klingler

Stand: 01.03.2018

Quelle:
  1. Professor Dr. Peter Hammerer, „Stand und Entwicklung der operativen Therapie des Prostatakarzinoms“. Berlin, 22.2.2018, 33. Deutscher Krebskongress