Radiotherapie bei Prostatakrebs: Es geht auch mit weniger Strahlung

MRT-Untersuchungen während der Strahlentherapie-Periode könnten das Bestrahlungsareal reduzieren. Foto: ©Nejron Photo – stock.adobe.com

Im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) haben Expertinnen über Möglichkeiten und Nutzen einer Therapie-Deeskalation der Radiotherapie bei Prostatakrebs berichtet. Ziel ist es, die Toxizität und Belastung der Patienten durch die Therapie ohne Abstriche bei der Wirksamkeit zu reduzieren.

Wie Prof. Cordula Petersen, Hamburg, President-Elect der DEGRO, darstellte, gehört die Hypofraktionierung der Bestrahlungsdosis, das heißt die Reduktion der Anzahl der Fraktionen, zu diesen Deeskalationskonzepten. Während die konventionelle Fraktionierung bei Prostatakrebs aus bis zu 40 Einzelbestrahlungen besteht (mit 1,8–2,0 Gy/Fraktion), sind es bei moderater Hypofraktionierung um die 20 Fraktionen (mit 2,4–4,0 Gy/Fraktion) und bei extremer Hypo- und Ultrafraktionierung weniger als 5-7 Bestrahlungen (mit 6–10 Gy/Fraktion)1. Bei Hypofraktionierung erfolgen also grundsätzlich also weniger Einzelbestrahlungen bei höheren Einzeldosen auf den Tumor. Mit weniger Bestrahlungsterminen verkürzt sich für die Patienten die Gesamtbehandlungsdauer von vielen auf wenige Wochen und die Gesamtdosis ist am Ende geringer, was tendenziell zu weniger langfristigen Nebenwirkungen führen kann.

Bei der Diagnostik des Prostatakarzinoms ermöglicht die Bildgebung per PSMA-PET/CT (Prostataspezifisches Membranantigen-Positronenemissionstomographie/Computertomographie) eine Dosisreduktion, wie Petersen weiter berichtete. Dieses kombinierte Bildgebungsverfahren sei der konventionellen Bildgebung per CT/SPECT (Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie) überlegen, weil bereits vorhandene Knochenmetastasen sicherer entdeckt würden, was dann gegebenenfalls die Therapiestrategie ändert.

Zielvolumenreduktion innerhalb der Prostata

Die HypoFocal-SBRT-Studie (SBRT: stereotactic body radiotherapy) unter Leitung der Uniklinik Freiburg (Prof. Anca-Ligia Grosu) ist eine prospektive randomisierte Phase-III-Studie zur Zielvolumenreduktion innerhalb der Prostata. Sie schließt 374 Patienten an 20 Zentren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein, mit dem Ziel der Verbesserung des progressionsfreien Überlebens durch eine fokussierte kleinvolumige Dosiserhöhung nach Magnetresonanztomographie (MRT) und PSMA-PET/CT. Die Standardgruppe erhält 60–62 Gy in 20 Fraktionen (je 3 Gy), die experimentelle Gruppe dagegen nur 35 Gy in 5 Fraktionen (je 7 Gy). Im Rahmen der Hypofraktionierung erfolgt eine Erhöhung der fokalen Strahlendosis im Tumor, einschließlich eines simultan integrierten Boosts (40–42 Gy auf das gemäß PET/MRT reduzierte Zielvolumen). Die gesamte Behandlungszeit soll somit bei Erhalt einer guten Lebensqualität von 20 auf nur 5 Bestrahlungstage verkürzt werden. Geplant ist außerdem die Durchführung von parallelen translationalen Projekten.

Adaptive Bestrahlungsplanung durch wöchentliche MRTs

Eine weitere Strategie der radiotherapeutischen Deeskalation stellte Dr. Daniel Wegener, Tübingen, vor. Die Fragestellung lautete: Lässt sich im Rahmen einer bildgestützten Strahlentherapie (IGRT) der Bestrahlungsplan von Prostatakarzinompatienten im Therapieverlauf nach Bedarf auf Basis wöchentlicher 1,5-Tesla-MRTs anpassen? In einer einarmigen, prospektiven Phase-II-Studie wurde unter Beweis gestellt, dass ein solches Vorgehen mit akzeptabler Akuttoxizität möglich ist: In der Studie M-Base Pro 1.0 erhielten 25 Patienten mit Prostatakarzinom der Stadien cT1-3bN0M0 eine Radiotherapie bis 78 Gy in 39 Fraktionen auf Prostata und Samenblasen sowie eine hormonablative Therapie (HAT) nach Leitlinie. Neben 3-Tesla-MRTs bei Erstdiagnose, nach neoadjuvanter HAT sowie in Woche 2 und 7 der Radiotherapie erfolgten wöchentliche 1,5-Tesla-Untersuchungen ohne Kontrastmittel. Wich das gemessene Prostatavolumen dabei um ≥25% oder ≥20 ml vom initialen Planungs-CT oder -MRT ab, wurde der Bestrahlungsplan adaptiert. Bei 36% der Patienten war dies der Fall. Im Verlauf seien keine toxischen Auswirkungen im Bereich von Harnblase und Enddarm beobachtet, die mehr als zweitgradig waren, berichtete Wegener.

(DEGRO/ms)

Literatur:

  1. Arcangeli S, Greco C. Hypofractionated radiotherapy for organ-confined prostate cancer: is less more? Nat Rev Urol 2016; 13 (7): 400-408