Prostatakarzinom: Viele Patienten bedauern Entscheidung zur Operation später

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München – Viele Männer mit Prostatakarzinom, die sich für eine radikale Prostatektomie entschieden haben, bedauern diesen Entschluss später. Ein wichtiger Grund ist, dass sie zu wenig in die Entscheidung einbezogen wurden. Dies berichten Forscher auf dem diesjährigen Deutschen Krebskongress (DKK, Abstract 390).

Das Prostatakarzinom gehört zu den langsam wachsenden Tumoren. Eine radikale Prostatektomie kann im Frühstadium zu einer Heilung führen, eine Garantie gibt es dafür allerdings nicht.

Relativ sicher ist dagegen, dass die meisten Patienten nach der Behandlung noch viele Jahre leben werden. Das gilt vor allem für Männer mit einem familiären Prostatakarzinom, das in der Regel früher als ein sporadi­sches Prostatakarzinom auftritt.

Die Männer, die am 1993 initiierten Forschungsprojekt „familiäres Prostatakarzinom“ teilnahmen, waren bei der Diagnose zur Hälfte zwischen 55 und 65 Jahren alt. Fast alle (97,9 %) entschieden sich für eine radikale Prostatektomie, die damals bevorzugte Behandlung. Die Operation hat häufig den Verlust der erektilen Funk­tion und/oder eine Harnwegsinkontinenz zur Folge.

Das Team um Kathleen Herkommer von der TU München hat 1.003 Patienten im Jahr 2007 im Durchschnitt 7 Jahre nach radikaler Prostatektomie und dann erneut 13 Jahre später im Jahr 2020 gefragt, wie sie zu ihrer da­maligen Behandlungsentscheidung stehen.

Der Anteil, der den Entschluss im Nachhinein bedauerte, nahm im Lauf der Zeit signifikant zu von 9,0 % im Jahr 2007 auf 12,1 % im Jahr 2020. Am häufigsten bedauerten die Männer ihre Entscheidung, wenn sie sich allein auf den Ratschlag ihres Arztes verlassen hatten.

Der Anteil, der bei beiden Umfragen die Entscheidung bereute, lag in dieser Gruppe bei 27,8 %. Von den Pa­tienten, die ihre Entscheidung bei beiden Befragungen nicht bereuten, hatten nur 10,6 % den Arzt allein über die Behandlung entscheiden lassen. Diese Patienten gaben auch eine höhere Lebensqualität an.

Zu den Faktoren, die das Bedauern für die Entscheidung im Jahr 2020 förderten, gehört auch eine organbe­grenzte Erkrankung (Odds Ratio 1,82), ein Bedauern im Jahr 2007 (Odds Ratio 6,40) und eine erhöhte De­pressivität (Odds Ratio 1,42).

Eine gemeinsame Entscheidung von Arzt und Patient („shared decision-making“) verminderte dagegen die Gefahr, dass die Patienten ihre Entscheidung zuletzt bereuten (Odds Ratio 0,55).

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen nach Ansicht von Herkommer, dass die Männer mit Prostata­karzinom stärker in den Entscheidungsprozess einbezogen werden sollten, um ein Bedauern langfristig zu vermeiden. © rme/aerzteblatt.de